Im Dialog mit Interseroh: Potenziale einer modernen Kreislaufwirtschaft

In Bezug auf globale wirtschaftliche Risiken zeichnet sich seit geraumer Zeit der Megatrend Ressourcenknappheit ab. Bei genauer Überlegung ist diese Entwicklung nicht verwunderlich, da (international durchaus angestrebtes) unendliches Wachstum nicht mit endlichen Materialien vereinbar ist. Um auf die Risiken, die damit einhergehen, vorbereitet zu sein, entstehen immer häufiger Geschäftsmodelle, die versuchen, eine Entkopplung des Wachstums von natürlichen Ressourcen zu ermöglichen. Die Kreislaufwirtschaft hebt sich als solche von traditionellen »take − make − dispose«-Ansätzen ab mit dem Versuch, von Grund auf regenerativ zu funktionieren.
 
Um zu diesem Thema die Meinung von ExpertInnen einzuholen, unterhielten wir uns mit Sybilla Merian, Nachhaltigkeitsmanagerin bei Interseroh, über Hürden, Potenziale und hilfreiche Tipps in puncto Kreislaufwirtschaft.
 

Unternehmen können nicht zu früh beginnen

Daten veranschaulichen die Problematik: Weltweit sind acht Ressourcen (Stahl, Aluminium, Plastik, Zement, Glas, Holz, Getreide und Viehzucht) verantwortlich für 20 Prozent der Treibhausgase, 95 Prozent des Wasserverbrauchs und 88 Prozent der Landnutzung. Geschäftsmodelle, die den Umgang mit solchen Ressourcen so gestalten, dass nicht ständig zusätzlicher Verbrauch erforderlich ist, können einen immensen Beitrag zum Kampf gegen Wasserverschwendung, Klimawandel oder überdimensionierte Landnutzung leisten.
 
 

»Wirklich jedes Unternehmen – ob Hersteller, Händler oder Dienstleister – muss sich heute Fragen stellen wie: Können wir ressourcenschonender und energieeffizienter arbeiten?«

 
 
Das Unternehmen Interseroh hat es sich zur Aufgabe gemacht, Teil der Lösung zu sein, indem es Ansätze entwickelt, mit denen Kunden immer mehr Rohstoffe im Kreislauf führen, die Lebensdauer von Produkten verlängern und Arbeits-, Produktions- oder Logistikprozesse effizienter gestalten können. »Eine moderne Kreislaufwirtschaft – die Circular Economy – zeichnet sich durch das Potenzial aus, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen und dabei den hohen Konsumanforderungen Rechnung zu tragen«, so Sybilla Merian.
 

Nutzen und Herangehensweisen

Der Mehrwert für AnwenderInnen ist vielseitig: allen voran werden so Ressourcen gespart, Treibhausgase reduziert, Abfälle vermieden und wertvolle Rohstoffe zurückgewonnen. Beispielsweise erarbeitet Interseroh gemeinsam mit Kunden Verbesserungspotenziale für Verpackungen, um etwa die Recyclingfähigkeit gezielt zu steigern. »Weitere Möglichkeiten sind die Umsetzung eines Mehrweglogistiksystems oder die Weiterentwicklung von Konzepten für Remanufacturing. Auch die Digitalisierung bietet ganz neue Ansätze für eine Ressourcenersparnis. Wichtig ist: Circular Economy schont nicht nur die Umwelt, sie verschafft Unternehmen auch einen klaren wirtschaftlichen Vorteil, der schnell zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor werden kann«, erklärt Sybilla Merian.
 
Die Brisanz einer zeitnahen Anpassung sieht sie für alle Unternehmen jeder Branche, jeder Größe. »Wirklich jedes Unternehmen – ob Hersteller, Händler oder Dienstleister – muss sich heute Fragen stellen wie: Können wir ressourcenschonender und energieeffizienter arbeiten? Wie schaffen wir es, auf ›Zero Waste‹ umzusatteln? Wie integrieren wir die Digitalisierung sinnvoll in unsere Prozesse? Oft ergeben sich daraus weiterführende Ideen und Impulse.« Und damit auch, je nach Kerngeschäft und Schwerpunkt des jeweiligen Unternehmens, individuelle Ansatzpunkte für die Kreislaufwirtschaft.
 
Wollen Unternehmen ihre Strategien in Richtung Ressourcenschonung anpassen, ist ein klares Bekenntnis der Geschäftsführung unerlässlich. Weiterführend gilt es, eine verständliche Strategie zu formulieren, die messbare Ziele fixiert, alle relevanten Bereiche umfasst und intern ausreichend kommuniziert wird. »Es ist ungemein wichtig, die Mitarbeiter mit an Bord zu holen und ihr Engagement wertzuschätzen. Sie sind letztlich die Botschafter und Multiplikatoren der Unternehmensziele. Nachhaltigkeitsmanager im Unternehmen können diese Entwicklung weiter fördern, wenn ihre Arbeit über alle Bereiche und Ebenen hinweg verzahnt ist.« Als erster Schritt empfiehlt es sich jedoch, vorab über die bestehenden Zustände im Unternehmen Klarheit zu schaffen. Wo entsteht wie viel Abfall, welche Energiespitzen oder Ineffizienzen gibt es, welche Ressourcen werden wo eingesetzt und was passiert mit Produkten am Ende ihres Lebenszyklus? Auf Grundlage dieser Erkenntnisse können Unternehmen nachfolgend Verbesserungen erarbeiten und Ziele formulieren.
 
Angesichts der 23. UN-Klimakonferenz sieht Sybilla Merian den Beitrag der Politik rund um die Debatte nachhaltiger Ressourcennutzung darin, mehr Anreize für nachhaltiges Wirtschaften zu setzen, beispielsweise durch monetäre Entlohnung für recyclingfähige Produkte. »Wichtig ist dafür ein fachbezogener, offener Dialog und Innovationsbereitschaft von allen Seiten«, ergänzt die Nachhaltigkeitsmanagerin. Weiteren Bedarf sieht sie in der Aufklärung – ob in der Schule, in der Politik, im kommunalen Raum oder in Unternehmen: »Denn noch immer ist nicht allen klar, welche vielfältigen Möglichkeiten es gibt, Nachhaltigkeit in den Alltag und in die Arbeit zu integrieren. Und welche positiven Effekte nachhaltiges Engagement für die Umwelt UND für die Wirtschaft mit sich bringt.«


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