Ist Automatisierung verantwortungslos?

Bei der Debatte um die Digitalisierung der Arbeitswelt und die damit einhergehende Automatisierung verschiedener Arbeitsbereiche gehen die Aussagen und Prognosen weit auseinander. Um dieses aktuell vieldiskutierte Thema ranken sich eine Vielzahl von Studien und Meinungen, die unsere Gesellschaft entweder in dystopischen Szenarien der Arbeitslosigkeit durch maschinellen Ersatz menschlicher Tätigkeiten sehen oder aber eine absolut friedliche Koexistenz zwischen Mensch und Maschine propagieren. Dabei stellt sich die Frage, inwiefern es in der Verantwortung von Unternehmen liegt, dafür zu sorgen, dass Angestellte ihre Beschäftigung nicht durch den Einsatz von Robotern verlieren.
Eine Studie der Oxford Martin School aus dem Jahr 2013 untersuchte 702 Job Kategorien auf ihre Wahrscheinlichkeit, in naher Zukunft durch Roboter oder neue Technologien ersetzt zu werden. Sie kam zu dem Ergebnis, dass innerhalb der nächsten 20 Jahre 47 Prozent all dieser Jobbeschreibungen anfällig wären, von leistungsstärkeren Maschinen und Technologien übernommen zu werden. Eine aktuellere Studie des National Bureau of Economic Research beleuchtet, in welchem Ausmaß dies aktuell schon geschehen ist. Sie stützt damit die Prognosen der Oxford Martin School und zeigt zudem auf, welche Jobs bereits im Begriff sind, zu verschwinden. Dabei sind manche Regionen stärker betroffen als andere, in Deutschland liegt der Anteil an gefährdeten Arbeitsplätzen bei rund 12 Prozent. In Europas fünf größten Volkswirtschaften (Frankreich, Deutschland, Spanien, Großbritannien und Italien) sind insgesamt 62 Millionen vollzeitäquivalente Arbeitsplätze gefährdet, was rund 1,9 Billionen US$ an Gehältern entspricht.
Gesellschaftspolitische Auswirkungen
Diese Reduktion an Einkommen hat neben dem Einsparungspotenzial für Unternehmenseigentümer auch eine politische Dimension, da Regierungen entsprechende Einnahmen durch Einkommenssteuern wegfallen. Insofern sind auch sie gut darin beraten, für derartige Szenarien rechtzeitig vorzusorgen. Als mögliche Mittel stehen aktuell Mechanismen wie das allgemeine Grundeinkommen, eine Steuer für Automatisierungen, oder eine »allgemeine Grund-Dividende« im Gespräch.
Was können Unternehmen tun?
Abseits der Notwendigkeit politischer Intervention liegt es auch in der Verantwortung von Unternehmen, mit den aus der Automatisierung resultierenden Konsequenzen wie Arbeitslosigkeit umzugehen, oder ihnen zumindest vorzubeugen. Dabei sollten Unternehmen betroffenen Angestellten möglichst frühzeitig Bescheid geben, damit sich diese rechtzeitig nach neuen Stellen umsehen, weiterbilden oder beruflich umorientieren können. Durch das Zur-Verfügung-Stellen von Trainings und Weiterbildungen können ArbeitnehmerInnen besser an die bevorstehenden Veränderungen angepasst und auf neue Positionen umgeschult werden, der Verlust des Arbeitsplatzes ist demnach nicht zwangsläufig. Die freiwillige Entscheidung von Unternehmen, bewusst nicht auf Automatisierung zu setzen (obwohl dies möglich wäre) um Arbeitsplätze zu sichern, kann im aktuellen kapitalistischen System ohne entsprechende politische Vorgaben nicht als langfristiger Lösungsweg gelten, da solche Unternehmen gegenüber ihrer die Automatisierung-nutzenden Konkurrenz früher oder später an Effizienz einbüßen würden.
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