Nationaler Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte

Claudia Mende, Freie Journalistin  
04. Oktober 2016

 
Wieder ist es in Bangladesch zu einem Brand in einer Fabrik gekommen. Über 30 Menschen kamen dabei ums Leben. Wer ist für die Katastrophe verantwortlich? Der lokale Fabrikbesitzer oder alle, die bei Tampaco Foils produzieren ließen? In dem Fall also auch British American Tobacco und Nestlé? Bis jetzt klafft eine Rechtslücke in der globalisierten Wirtschaft mit ihren komplexen Lieferketten und weltweiten Vertriebswegen. Unternehmen können für das Fehlverhalten ihrer Zulieferer am anderen Ende der Welt kaum haftbar gemacht werden. Das muss sich nach den 2011 verabschiedeten neuen Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen ändern.
 

Umsetzung der UN-Leitlinien in Deutschland zögerlich

Nach diesen Leitlinien haben Unternehmen eine »menschenrechtliche Sorgfaltspflicht«, die nicht an den Landesgrenzen ihres Hauptsitzes endet. Deutschland hat die UN-Leitlinien ratifiziert. Auch deutsche Unternehmen sind für Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern verantwortlich, das hat eine Studie des International Peace Information Service aus dem Jahr 2014 gezeigt. Aber mit der Umsetzung der UN-Leitlinien tut sich die Bundesregierung schwer.
Dabei hatte es gut angefangen. Zwei Jahre lang haben Bundesministerien, Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und Organisationen der Zivilgesellschaft gemeinsam an einem Nationalen Aktionsplan gearbeitet. Im Juni hat die Bundesregierung dann ihren Entwurf vorgelegt. Diesen kann man zögerlich nennen, aber er formuliert immerhin die klare Erwartung an Unternehmen die notwendigen Prozesse »in einer ihrer Größe, Branche und Position in der Liefer- und Wertschöpfungskette angemessenen Weise einzuführen«. Die Umsetzung werde ab 2018 jährlich geprüft. Falls es zu keiner angemessenen Umsetzung komme, behalte sich die Bundesregierung »weitergehende Schritte bis hin zu gesetzlichen Maßnahmen vor«.
 

Mehr Transparenz ist machbar

Dieser Entwurf ging Teilen der Bundesregierung jedoch zu weit, er wurde gekippt. Wirtschaftsverbände wie der BDI und die IHK lehnen ebenfalls das Konzept der »menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht« ab. Sie befürchten weiteren Aufwand bei den Berichtspflichten und eine Welle von Klagen. Aber mehr Verantwortung entlang den Lieferketten ist für Unternehmen machbar. So hat zum Beispiel Tchibo gezeigt, wie sich Transparenz in den Lieferketten erhöhen lässt. Nach Kritik von NGOs hat Tchibo, einer der zehn größten Textilhändler in Deutschland, die Zahl seiner Lieferanten in Afrika und Asien deutlich reduziert und ein eigenes Qualifizierungsprogramm für diese entwickelt.
In den USA, Frankreich und Großbritannien sind große Unternehmen bereits gesetzlich verpflichtet, sich die menschenrechtlichen Risiken in ihren Lieferketten genauer anzuschauen. In Deutschland geht die Debatte weiter. Noch hat das Exportland Deutschland die Chance einen Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte zu verabschieden, der den Namen verdient.


Zurück zum Blog