Responsible Lobbying

In den vergangenen Jahren hat der Bereich der Lobbyarbeit in der öffentlichen Wahrnehmung stark an positivem Image eingebüßt. Grundsätzlich liegt hinter der Idee, durch ExpertInnenwissen im Sinne des Allgemeinwohls Einfluss auf den Prozess der Gesetzgebung zu nehmen, ein sinnvoller Gedanke. Jedoch haben Korruptionsskandale und Nepotismus dafür gesorgt, dass an dieser grundsätzlichen Funktion gezweifelt wird und Lobbyismus mit dem Durchsetzen privatwirtschaftlicher Einzelinteressen gleichgesetzt wird.
Lobbyismus an sich
Prinzipiell ist es jeder natürlichen und juristischen Person möglich, auf Grund des in der Verfassung verankerten Rechts auf Meinungsfreiheit Anliegen zu formulieren und diese politisch legitimierten EntscheidungsträgerInnen vorzutragen. Solche Anliegen entsprechen jedoch oftmals Partikularinteressen, die nicht am Willen der Mehrheit ausgerichtet und nicht ausschließlich gemeinwohlorientiert sind. Im Verantwortungsbereich der politisch legitimierten EntscheidungsträgerInnen liegt es, zwischen den verschiedenen Interessen abzuwägen, Implikationen zu bewerten und diese Informationen als Grundlage für ihre Entscheidungen zu nutzen. Das führt idealerweise zu einer Verbesserung der Qualität der Gesetze und zu reflektierten Entscheidungen durch gut informierte PolitikerInnen.
Problematisch wird es jedoch, wenn die Grenzen zwischen Beratung, der Vermittlung von Expertenwissen, Networking, Bestechung oder Untreue verschwimmen und sich nicht mehr eindeutig trennen lassen. Bei der Bestechung von EntscheidungsträgerInnen ergibt sich leicht eine Verzerrung der politischen Prioritäten. Gekaufte Politik hört auf, den Wählerwillen bzw. das Allgemeininteresse zu vertreten und wird Erfüllungsgehilfe von wirtschaftlichen Einzelinteressen. Aufgrund unterschiedlicher Korruptionsskandale zwischen Privatwirtschaft und Politik fordern verschiedene NGOs bereits seit längerem strengere Auflagen für die Kontaktaufnahme zwischen diesen sehr kontaktfreudigen Lagern. So wird durch Lobbyregister, die Offenlegung von Nebeneinkünften von Abgeordneten, mehr Einsicht in Parteisponsorings, oder die Vermeidung von beruflichen Überläufern mehr Transparenz im Lobbyprozess eingefordert.
Responsible Lobbying
Die Ausgestaltung des Rahmens, innerhalb dessen Wirtschaft betrieben wird, ist jedoch nicht nur Sache der Politik, sondern kann im Sinne einer besseren Systemakzeptanz auch von Unternehmen mitgestaltet werden. Responsible Lobbying bedeutet für Unternehmen, ethische Richtlinien einzuhalten, bei ihren Handlungen die Gesamtheit der Folgen ihres Handelns zu bedenken und die Bewertung dieser Folgen – insbesondere auch für die Gesellschaft – zum Maßstab ihrer Entscheidung zu machen. Verschiedene Public Affairs Verbände haben bereits ethische Verhaltenskodizes formuliert, die die Eckpunkte verantwortungsvoller Lobbyarbeit zusammenfassen. Darunter fallen vor allem Faktoren wie Transparenz und Wahrhaftigkeit im Umgang mit Informationen (keine Vermittlung von Un- oder Halbwahrheiten) oder Diskretion bezüglich des eigenen Wissens aus der Arbeit mit früheren Arbeit- und AuftraggeberInnen (klassischer Fall von Überläufern zwischen Politik und Wirtschaft). Auch die Vermeidung von unlauterer (finanzieller) Einflussnahme wird diesbezüglich klar hervorgehoben. Durch steigende Transparenz und mehr Aufrichtigkeit wäre es für Unternehmen einerseits möglich, zusätzlich an öffentlicher Zustimmung zu gewinnen, andererseits würde verantwortungsvoller Lobbyismus dazu beitragen, den gesamten Prozess der politischen Einflussnahme gesellschaftlich wieder stärker zu legitimieren.
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